Drei Fragen an Walter Friedlein, Leiter Kapitalanlagen
Zuerst Corona, jetzt Ukrainekrise: Die Hoffnungen, dass mit dem Abflauen der Pandemie Normalität einkehrt, haben sich angesichts der Kriegshandlungen Russlands in der Ukraine jäh zerschlagen. Im Interview mit Walter Friedlein, Leiter Kapitalanlagen, erfahren Sie, wie die sgpk die aktuellen Entwicklungen erlebt.
Herr Friedlein, wie geht es Ihnen und Ihrer Pensionskasse in diesen bewegten Zeiten?
Unsere Besorgnis angesichts der jüngsten Ereignisse in der Ukraine ist gross, und das menschliche Leid berührt uns sehr. Wir alle hatten nach den pandemiebedingten Entbehrungen der letzten beiden Jahre auf eine baldige Rückkehr zur Normalität gehofft. Nun ist alles anders gekommen. Vermehrte Nachfragen nach den Auswirkungen der Kriegshandlungen auf unser Anlagegeschäft zeigen, dass sich viele unserer Versicherten Sorgen und Gedanken über die Zukunft machen. Deshalb möchte ich es gleich vorwegnehmen: Unsere Anlagestrategie sieht vor, dass wir unsere Vermögenswerte breit diversifiziert und sehr langfristig anlegen. Damit halten wir die Risiken tief, respektive wir verteilen sie auf verschiedene Anlageinstrumente, Branchen oder Weltregionen. Unser langfristiger Anlagehorizont trägt dazu bei, Krisen über den Faktor Zeit durchstehen. Ein weiteres bewährtes Instrument ist zudem das Bandbreitenkonzept. Es hilft dabei, mit unvorhersehbaren Ereignissen konsistent umzugehen. Der Blick in die Vergangenheit gibt uns recht: 80 Prozent unserer Performance erreichten wir jeweils über die stringente Einhaltung unserer Anlagestrategie.
Betreffend Ukrainekrise kommt hinzu, dass wir lediglich in einem geringen Ausmass in russische Wertpapiere investiert sind. Konkret sind es 0.08 Prozent unseres gesamten Anlagevolumens. Damit ist unser Russlandengagement insbesondere im Vergleich zu anderen schweizerischen Pensionskassen äusserst tief. Selbstverständlich sind auch wir den Verwerfungen an den Finanzmärkten ein Stück weit ausgesetzt. Unter dem Strich können wir aber festhalten, dass wir mit unserer tendenziell konservativen Anlagestrategie, bewährten Instrumenten und einem hochprofessionellen Team aus internen und externen Spezialisten auch in diesen äusserst herausfordernden Zeiten sehr solide aufgestellt sind.
Apropos Anlagestrategie: Aktuell führen wir eine sogenannte Asset Liability Management-Studie, kurz ALM-Studie, durch. Sie dreht sich um die finanzielle Situation, die Finanzierbarkeit sowie die Risikosituation unserer Pensionskasse. Dieser Prozess stand sowieso auf der Agenda. Dass wir ihn just in diesen Zeiten durchlaufen, sehen wir als Vorteil.
Besteht nicht die latente Gefahr, dass Sie nun viel zu konservativ planen?
Auf der anderen Seite hat sich die Sinnfrage akzentuiert: Worin und in welchem Ausmass wollen wir künftig investieren? Oder im Umkehrschluss: Können und wollen wir es uns leisten, gewisse Länder, Unternehmen oder Währungen komplett aus unserem Anlageportfolio auszuschliessen, wenn wir beispielsweise annehmen müssen, dass sie unsere Vorstellungen von Machtverteilung, Menschenrechten oder Gendergerechtigkeit nicht teilen? Solche Diskussionen begleiten uns intensiv durch den laufenden ALM-Prozess. Um die Eingangsfrage zu beantworten: Es geht in erster Linie darum, aus den Erfahrungen die richtigen Schlüsse zu ziehen und Instrumente zu schaffen, damit wir gut gerüstet in die Zukunft schreiten.
Welchen Stellenwert geniesst das Thema Nachhaltigkeit heute noch?
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Walter Friedlein
Leiter Bereich Kapitalanlagen
Telefon +41 58 228 77 93
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