Nachhaltigkeit im Bereich Kapitalanlagen: eine Standortbestimmung
Die sgpk möchte bezüglich Nachhaltigkeit eine führende Position unter den Schweizer Pensionskassen einnehmen – auch bei den ihr anvertrauten Vorsorgevermögen. Im Gespräch mit Walter Friedlein, Bereichsleiter Kapitalanlagen, und Reto Wild, Leiter Sachwertanlagen und Nachhaltigkeit, fragen wir nach, wo die sgpk diesbezüglich steht.
Im Ausblick Ihres letzten Jahresberichts ist zu lesen, dass Sie das Thema Nachhaltigkeit im Bereich Kapitalanlagen vorantreiben wollen. Wo stehen Sie heute – rund ein Jahr später?
Friedlein: 2021 stand im Zeichen der strategischen Grundlagenarbeit. Mit der erarbeiteten Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen wir einen ausgeprägt ganzheitlichen Ansatz, der auf vier Pfeilern ruht. Drei davon entsprechen der gängigen ESG-Praxis und decken die Bewertungskriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung ab. Als viertes Element kommt die Ökonomie hinzu. Dass wir ihr einen zusätzlichen Platz einräumen, hängt mit unserem Kernauftrag zusammen: die Leistungen für unsere Versicherten im Alter, bei Invalidität und im Todesfall langfristig zu sichern. Deshalb müssen unsere Investitionsentscheide immer auch einer ökonomischen Betrachtung standhalten. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu anderen Nachhaltigkeitsstrategien.
Operativ haben wir ebenfalls einiges vorzuweisen: Mit der Schaffung der Stelle «Leiter Nachhaltigkeit Kapitalanlagen» ist Nachhaltigkeit jetzt fester Bestandteil unserer Unternehmensstruktur. Reto Wild treibt das Thema aktiv voran und setzt wichtige Akzente. Erste Resultate sind ein einzigartiges Scoringmodell und unsere Investmentcharta.
Wozu dient die Investmentcharta?
Wild: Bei unseren direkten Immobilien arbeiten wir bereits erfolgreich mit einer Charta. Es lag nahe, dies auch für die Kapitalanlagen einzuführen. Die Investmentcharta zeigt in übersichtlicher Weise, mit welchen Massnahmen und Mechanismen wir unsere Nachhaltigkeitsstrategie operativ umsetzen. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit ist Fokussierung besonders wichtig, denn es ist ein sehr breites Fachgebiet. Unsere Charta stellt sicher, dass wir uns nicht verzetteln, indem sie die Handlungsfelder absteckt. Unsere Analysen zeigen, dass wir in den definierten Bereichen das Potenzial haben, eine messbare Wirkung zu erzielen.
«Wir möchten in jeder Anlageklasse einen möglichst hohen und ausgeglichenen Scoringwert erzielen.»
Reto Wild, Leiter Sachwertanlagen und Nachhaltigkeit
Was hat es mit dem erwähnten Scoringmodell auf sich?
Wild: Die vier Pfeiler unserer Nachhaltigkeitsstrategie spiegeln sich im Scoringmodell wider. Bei der operativen Anlagetätigkeit beurteilen wir sämtliche Anlagekategorien konsequent nach den Kriterien Umwelt, Ökonomie, Soziales und Unternehmensführung. Nehmen wir Liquidität als Beispiel: Wir deponieren die uns anvertrauten Vorsorgevermögen ausschliesslich bei Institutionen, die – neben einer marktgerechten Rendite – auch soziale, gesellschaftliche und ökologische Aspekte beachten. Das unterstreicht unser ganzheitliches Denken und ist so noch wenig verbreitet. In der Praxis sieht man ausserdem, dass Organisationen gern auf punktuelle Ratings setzen. Auch dazu ein Beispiel: Viele orientieren sich beim Investitionsentscheid am Carbon Footprint eines Kapitalnehmers. Er sagt aus, welche Kohlenstoffdioxidemissionen ein Unternehmen bei der Geschäftstätigkeit ausstösst. Ökologisch betrachtet, bringt das viel. Allerdings berücksichtigt der Carbon Footprint nicht, ob das Unternehmen daneben auch Wert auf Themen wie Gender- oder Lohngleichheit legt. Hier gehen wir einen Schritt weiter. Unser Ziel ist, in jeder Anlageklasse einen möglichst hohen und ausgeglichenen Scoringwert über alle vier Pfeiler unserer Nachhaltigkeitsstrategie hinweg zu erzielen.
Und was haben Ihre Versicherten von diesen Massnahmen?
Friedlein: Studien zeigen, dass sich die Integration von Nachhaltigkeitsfaktoren im Anlagegeschäft wertsteigernd auswirken kann. Das liegt unter anderem daran, dass nachhaltig agierende Unternehmen bessere operative Leistungen erbringen, was letztendlich zu höheren Renditen führt.
Das sgpk-Scoringmodell sieht zudem ein transparentes Reporting vor. Dank diesem können Versicherte und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber künftig noch besser nachverfolgen, wie die Sparguthaben investiert sind und welche Fortschritte punkto Nachhaltigkeit erzielt wurden. Das ist wichtig, denn wir wollen unsere Verantwortung aktiv wahrnehmen. Unsere Kundinnen und Kunden sollen darauf vertrauen können, dass die Vorsorgevermögen bei uns in einer guten Balance von Sicherheit, Nachhaltigkeit und Rendite investiert sind.
«Mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen wir einen ausgeprägt ganzheitlichen Ansatz.»
Walter Friedlein, Leiter Bereich Kapitalanlagen
Wagen wir abschliessend einen Ausblick: Was ist für 2022 geplant?
Friedlein: Nachdem unsere Nachhaltigkeitsstrategie steht, geht es als Nächstes an die sogenannte ALM-Studie. Sie dreht sich um die finanzielle Situation, die Finanzierbarkeit und die Risikofähigkeit unserer Pensionskasse. Im Rahmen der Studie werden insbesondere die Zielvorgaben der Anlagestrategie definiert. Diese sollen mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie einhergehen. Die ALM-Studie ist ein zentrales Instrument für die Führung unserer Pensionskasse – sowohl für unseren Stiftungsrat als auch für uns im operativen Geschäft. Weiter werden wir im Rahmen einer Bachelorarbeit in Zusammenarbeit mit der OST Ostschweizer Fachhochschule analysieren, wie wir uns mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie ideal in unserem Umfeld positionieren. Wir sind sehr gespannt auf die Resultate.